August 2019
Katrin Ariki, Standortleiterin der ZEISS Sparte Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) in Wetzlar. (Fotos: Ralf A. Niggemann)
Zeiss SMT

Katrin Ariki

Ein Großteil aller Mikrochips weltweit wird heute mit Technologien der ZEISS Sparte Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) hergestellt. Im vergangenen Sommer hat ZEISS umfangreiche Investitionen am Standort Wetzlar angekündigt. Wir haben mit der Standortleiterin Katrin Ariki gesprochen.

W3+: Ich würde Sie ja fragen, ob Sie sich in Wetzlar wohlfühlen. Aber dafür sind Sie schon zu lange da.

Katrin Akriki: Ja, ich kam direkt nach meinem Studium in Göttingen und Innsbruck nach Wetzlar und habe hier drei Jahre in einem mittelständischen optischen Betrieb gearbeitet. 2001 fing ich bei ZEISS an, meinen ersten Arbeitsvertrag hatte ich noch bei der Hensoldt AG, innerhalb der ZEISS Gruppe. Damals gab es auch schon die Sparte Halbleiterfertigungstechnik, die 1994 etabliert wurde. Ihre Frage möchte ich trotzdem gerne beantworten: Ja, ich fühle mich sehr wohl hier in Wetzlar, sonst wäre ich sicher nicht so lange geblieben.

W3+: Vermutlich hat sich in den vergangenen 20 Jahren bei der Sparte SMT einiges verändert.

Katrin Ariki: Absolut. Wenn man sich vor Augen führt, wie sich die Anforderungen bei unseren Endkunden, den Chipherstellern in der Fertigung von Halbleitern und damit auch an ZEISS Beleuchtungssysteme in der Qualität und Quantität entwickelt haben, dann liegen wirklich Welten dazwischen. Im Jahr 1968 lieferte ZEISS erstmals ein Objektiv für einen Schaltkreisdrucker. Der Vorgänger der heutigen Waferscanner zur Chipherstellung bildete damals Strukturen von rund zehn Mikrometern ab. Heute sind wir sehr viel weiter: Unsere neuesten Lithographie-Optiken ermöglichen Strukturen von weniger als 20 Nanometern.

W3+: Mikrochips müssen immer leistungsfähiger, kleiner, günstiger und energieeffizienter sein. Inwiefern sind Sie solchen Technologie- oder Produktzyklen unterworfen?

Katrin Ariki: Seit mehr als einem halben Jahrhundert schafft es die Halbleiterindustrie immer wieder, alle ein bis zwei Jahre neue Chipgenerationen mit noch feineren Strukturen und mehr Leistungskraft hervorzubringen. Eine Schlüsseltechnologie dafür ist der Lithographie-Prozess, der in den Chipfabriken durchgeführt wird. Die Lithographie-Optiken von ZEISS bilden das Herzstück der Maschinen zur Belichtung von Wafern (Waferscanner) des Kunden und Partners ASML.

Die fortschreitende Digitalisierung erfordert neue Technologien, das betrifft natürlich auch die Halbleiterfertigungstechnik. Hier sehen wir uns als Ermöglicher von Technologiesprüngen in der Unterhaltungs-, Kommunikations- oder Fahrzeugelektronik – somit sind wir in gewissem Maße Taktgeber in der Digitalisierung. Wenn Sie sich anschauen, wie kompakt und leistungsfähig etwa unsere mobilen Endgeräte heute sind, dann hat das sehr viel mit den Entwicklungen in der Halbleiterfertigung zu tun. Mit der aktuellen Generation von Lithographie-Optiken mit extrem ultraviolettem Licht (EUV), die wir gemeinsam mit unserem strategischen Partner ASML entwickelt haben, ist es beispielsweise möglich Chipstrukturen zu realisieren, die rund 4.000 Mal dünner sind als ein menschliches Haar.

W3+: Die ZEISS Gruppe erreichte 2018 mit rund 5,8 Milliarden Euro einen neuen Umsatzrekord. Im ersten Halbjahr 2018/19 verzeichnete ZEISS ein neuerliches Wachstum von 9 Prozent. Welchen Anteil daran hat die ZEISS Sparte SMT?

Katrin Ariki: Der Vorstandsvorsitzende der Carl Zeiss AG Dr. Michael Kaschke hat bei der Halbjahres-Pressekonferenz am 7. Mai bekannt gegeben, dass die SMT trotz allgemein zurückhaltender Entwicklung in der Halbleiterindustrie gute Zuwächse verzeichnet, insbesondere durch die aktuelle Generation von EUV-Lithographie-Optiken, deren Umsatz mittlerweile zu einer signifikanten Größe herangewachsen ist. So konnte die SMT in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2018/19 mit 5 Prozent Umsatzwachstum zum Unternehmenserfolg der Gruppe beitragen.

W3+: Wenn man die Marktposition von ZEISS in der Halbleiterfertigungstechnologie technologisch betrachtet, dann klingt das nach einem sehr entwicklungsintensiven Geschäft.

Katrin Ariki: Ja, das ist es auch. Wir investieren viel in die Entwicklung unserer Systeme. Die ZEISS Sparte SMT hat über 3.800 Beschäftigte, am Standort Wetzlar sind es rund 250. Der Anteil an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in der Forschung und Entwicklung tätig sind, liegt bei gut 30 Prozent. Das ist im Vergleich zu anderen Unternehmen ein sehr hoher Wert.

W3+: Im Sommer 2018 verkündete ZEISS, dass die Sparte SMT am Standort Wetzlar einen Millionenbetrag in den Maschinenpark für die Halbleitertechniksparte investiert.

Katrin Ariki: Der SMT-Hauptsitz ist in Oberkochen. Aber der Standort Wetzlar ist nicht nur traditionell, sondern auch perspektivisch sehr wichtig. Wetzlar gehört zu den bedeutendsten Optikzentren in Deutschland und weltweit. Hier ist über Jahrzehnte die optische Kompetenz gewachsen, die wir für die Herstellung modernster Lithographie-Systeme brauchen. Sie haben die Investition in den Maschinenpark erwähnt – da bauen wir auf Präzisionsanlagen von Satisloh in Wetzlar und OptoTech Optikmaschinen in Wettenberg. Damit stärken wir die regionale Wirtschaft, profitieren von kurzen Service-Wegen, der umgehenden Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie der stetigen Zusammenarbeit in Verbesserungsprojekten.

W3+: Apropos optische Kompetenz: Haben Sie Probleme, qualifizierten Nachwuchs zu finden?

Katrin Ariki: Wir sind in der glücklichen Lage, dass ZEISS als Marke, Unternehmen und Arbeitgeber über Strahlkraft verfügt. Hinzu kommt, dass wir als Sparte der ZEISS Gruppe potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern unternehmensweit und sogar weltweit wirklich großartige Perspektiven bieten können. Die Frage ist daher eher, ob die Qualifikationen zu den Anforderungen passen und welches Potenzial die Bewerber mitbringen. Denn in dem hochspezialisierten Bereich, in dem wir aktiv sind, sehen wir es auch als unsere Aufgabe, Nachwuchskräfte selbst auszubilden und weiterzuentwickeln. Für unsere Fertigung bilden wir im Haus Feinoptiker und -mechaniker aus. Wir haben in Wetzlar, Jena und Oberkochen Ausbildungswerkstätten, die eng miteinander kooperieren. Um Fachkräfte für unseren starken Engineering-Bereich zu gewinnen, arbeiten wir mit der Technischen Hochschule Mittelhessen zusammen und engagieren uns auch für die neue Stiftungsprofessur Optik und Optische Technologien. Zudem unterstützen wir verschiedene MINT-Programme, um Schülerinnen und Schüler für technisch-naturwissenschaftliche Themen und Berufsbilder zu begeistern.

W3+: Ist Ihr Engagement in und für die Region auch als Bekenntnis zum Standort zu verstehen?

Katrin Ariki: Es klingt immer so, als hingen Standortentscheidungen einzig und allein von wirtschaftlichen Faktoren ab. Natürlich muss ein Standort zum Erfolg des gesamten Unternehmens beitragen, aber wir bei ZEISS legen sehr viel Wert auf ein Bewusstsein für soziale und gesellschaftliche Verantwortung. Darüber bin ich sehr froh, weil ich mich persönlich einfach gerne für die Region engagiere, in der ich lebe und arbeite. Das ist seit über 20 Jahren so. Weil ich mich hier sehr wohl fühle. Aber das war ja im Grunde schon die Antwort auf Ihre erste Frage.


Unternehmensprofil:

ZEISS Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) ist eine von vier Sparten der ZEISS Gruppe. Weltweit erwirtschaftet die Sparte im Geschäftsjahr 2017/18 einen Umsatz von mehr als 1,5 Mrd. Euro. Am Standort Wetzlar werden seit mehr als 20 Jahren Optiken für die Halbleitertechniksparte gefertigt. Lithographie-Optiken von ZEISS ermöglichen die Produktion immer leistungsfähigerer, kleinerer, günstigerer und energieeffizienterer Chips. Sie schaffen die Voraussetzung für mikroelektronische Innovationen wie das Internet der Dinge, Industrie 4.0 oder Elektromobilität und autonomes Fahren.

www.zeiss.com/semiconductor-manufacturing-technology