Mut, Pioniergeist und Innovationskraft
Am 25. September 2025 feierte OptoTech 40-jähriges Bestehen. Es war der Startschuss für ein Jubiläumsjahr, in dem das Unternehmen stolz zurückschaut und optimistisch nach vorne. Wir haben mit Firmengründer Roland Mandler und den beiden Geschäftsführern Dr. Stefan Seifried und Jens Schäfer gesprochen.
Die drei vielbeschäftigten Herren an einem Termin an einem Ort zusammenzubringen, ist nicht einfach. Die beiden Geschäftsführer Dr. Stefan Seifried und Jens Schäfer pendeln zwischen Wettenberg und Heuchelheim oder sind rund um den Globus unterwegs. Firmengründer Roland Mandler ist nach wie vor in und für die Industrieregion aktiv.
W3+: Herr Mandler, wenn Sie sich an die Anfänge von OptoTech erinnern – können Sie in Kürze schildern, wie es dazu kam und was Sie damals vor 40 Jahren bewogen hat, ihre eigene Firma zu gründen?
Roland Mandler: Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen. Es begann tatsächlich in einer Garage. Die Fähigkeiten, die man mir mitgegeben hat, verdanke ich einer großartigen Ausbildung, dem Studium an der THM in Gießen und meiner Tätigkeit als Entwicklungsingenieur bei der Firma Loh. Ich hatte also eigentlich einen guten und sicheren Job. In die Selbstständigkeit zu gehen, war durchaus gewagt. Dass daraus eine solche Erfolgsgeschichte hervorgehen würde, habe ich damals nicht für möglich gehalten. Tatsächlich konnten wir über die vergangenen 40 Jahre den Umsatz fast alle fünf Jahre verdoppeln! Aber ich hatte auch von Anfang an ein sehr gutes Team von hervorragenden Mitarbeitern, die mich als Ideengeber tatkräftig unterstützt haben. Meine Frau sagte mir mal, wenn du mehr als 20 Mitarbeiter hast, lasse ich mich scheiden. Wir sind zum Glück auch heute noch verheiratet.
W3+: Was hat Sie damals angetrieben?
Roland Mandler: Es war eine gesunde Mischung aus Pioniergeist und Lust zur Veränderung, gepaart mit dem Mut, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Ich war für meinen Arbeitgeber viel bei Zeiss, Leica und Wild Heerbrugg und damit befasst, Optikmaschinen verfahrens- und prozesstechnisch im Sinne der Kunden weiterzubringen. Intern musste ich mir dann oft das Argument anhören: ‚Das haben wir alles schon probiert, das funktioniert sowieso nicht.‘ Einigermaßen hartnäckig und überzeugt von der Idee, verfolgte ich die sogenannte SynchroSpeed-Technologie weiter, um das Verfahren in die Industrie zu bringen. Das ist mir gelungen – und zwar im Bereich der Mikrooptik und Endoskopie, wo bis dato bei der Fertigung noch sehr viel Handarbeit nötig war. Auf dieser Grundlage entwickelten wir die ersten OptoTech Optikmaschinen, die bei den Kunden sehr gut ankamen.
W3+: Welche technischen oder technologischen Innovationen waren und sind für OptoTech besonders wichtig?
Roland Mandler: Neben dem SynchroSpeed-Polieren mit Oszillation haben wir Anfang der 1990er-Jahre die ersten CNC-gesteuerten Schleif-, Polier- und Zentriermaschinen eingeführt. Die OptoTech Correction Technology (OCT), das erste Patent des Unternehmens, das das Abrichten von Polierwerkzeugen direkt in der Poliermaschine ermöglichte, würde ich auch zu den Meilensteinen zählen. 1999 sind wir in den ophthalmischen Markt eingetreten, das hat uns ganz neue Märkte erschlossen. Vor allem die Entwicklung von Ultrapräzisionsschleifmaschinen hat unser Ansehen enorm gestärkt – was letztlich 2012 in der UPG 2000 CNC (2012) gipfelte, die wir für astronomische Optiken bis 2.000 mm Durchmesser entwickelt haben. Sie ist bis heute die größte und schwerste optische Bearbeitungsmaschine der Welt mit über 80 Tonnen Gewicht.
Wichtiger erscheinen mir rückblickend zwei grundlegende Aspekte, die bei OptoTech ebenso konsequent wie weitsichtig beherzigt wurden: Dass wir erstens Technologien, Verfahren und Prozessschritte – etwa das Schleifen, Polieren oder Messen – nie isoliert betrachtet haben, sondern immer im System; aus diesem Grund haben wir auch nicht in einzelnen Maschinen gedacht, sondern stets in Linien, die aufeinander aufbauen, Prozessschritte verbinden oder kombinieren. Zweitens haben wir frühzeitig Trends verfolgt, für die es zum Zeitpunkt ihrer Entwicklung noch überhaupt keinen Bedarf gab; so haben wir es immer wieder geschafft, dem Wettbewerb einen entscheidenden Schritt voraus zu sein.
Stefan Seifried: Ich denke, das sind Aspekte, die uns bis heute auszeichnen und stark machen. Schon bevor ich vor fast genau drei Jahren zu OptoTech wechselte, war ich mit der optischen, optoelektronischen und Beschichtungsindustrie verbunden. In der Wetterau geboren, habe ich nach meinem Ingenieursstudium als Prozessingenieur der Lithographie in der Festplattensparte bei IBM in Mainz begonnen, meine ersten Patente erworben und viele Jahre im Maschinenbau und Vertrieb gearbeitet. Von OptoTech bin ich als Unternehmen begeistert, weil es als Mittelhessischer Hidden Champion über Jahrzehnte geschafft hat, in der Entwicklung von Optikmaschinen für die Präzisionsoptik und Ophthalmik technologisch ganz vorne dabei zu sein. Natürlich hat sich die optische Industrie in den vergangenen Jahren stark verändert. Da geht es nach wie vor um maschinenbauliche und prozesstechnische Innovationen, aber andererseits auch um die Digitalisierung der Maschinen. Auch das Thema künstliche Intelligenz bei der Bedienbarkeit und Wartung werden zukünftig eine Rolle spielen. Hier hat die optische Industrie im Vergleich zu anderen Industrien noch starken Nachholbedarf. Zudem hat sich im Zuge der Globalisierung der Markt der Hersteller und Kunden immer stärker ausdifferenziert. Das heißt, wir produzieren nicht für einen homogenen globalen Markt, sondern müssen immer auch die länderspezifischen Anforderungen im Blick haben: Was ist wo möglich? Welche Technologie können wir wo platzieren? Und wie können wir mit unseren innovativen Produkten unsere Wettbewerbsposition erfolgreich behaupten und ausbauen?
W3+: Herr Schäfer, Sie verantworten schon etwas länger als Geschäftsführer die Bereiche Verwaltung und Finanzen in einem mittelständischen Unternehmen, das sehr schnell zum erfolgreichen Global Player wurde.
Jens Schäfer: Ich war 20 Jahre bei der Weiss Technik GmbH, einem Unternehmen der Schunk Group. Als Roland Mandler 2018 50 Prozent an Schunk abgetreten hat, kam ich bei OptoTech an Bord und habe als kaufmännischer Geschäftsführer fünf Jahre lang eng mit ihm zusammengearbeitet. Inzwischen fungieren Herr Seifert und ich als Doppelsitze.
Um Ihre Frage zu beantworten: Das globale Wachstum war schon immer die Basis für das Wachstum von OptoTech. Dass sich das Unternehmen in den vergangenen vierzig Jahren im globalen Markt so erfolgreich etablieren konnte, ist ganz sicher einer der zentralen Erfolgsfaktoren. In Spitzenzeiten lag die Exportquote bei 90 Prozent. Deutschland ist nach wie vor technologischer Marktführer im Bereich optischer Technologien und stark exportorientiert. Aber es ist auch klar: „Made in Germany“ ist heute kein Selbstläufer mehr. Umso wichtiger ist es, Innovationen voranzutreiben und zu schützen. Das liegt in unserer Hand. Anders verhält es sich, wenn man sich die aktuelle Weltlage anschaut: Da müssen wir uns nicht nur mit den sich verändernden Marktbedingungen auseinandersetzen, sondern auch mit den weitreichenden geopolitischen Verschiebungen und protektionistischen Bestrebungen einiger Nationen, die wir als global agierendes Unternehmen nur bedingt beeinflussen können.
W3+: Heißt das: 40 Jahre OptoTech sind eine großartige Erfolgsgeschichte – darauf ausruhen kann man sich nicht?
Stefan Seifried: So ist es. Herr Mandler hat ja bereits angesprochen, dass es über lange Zeit gelungen ist, dem Wettbewerb technologisch immer einen entscheidenden Schritt voraus zu sein. Und das wird auch künftig das Ziel bleiben. Die Expertise und das Wissen, innovative Systeme zu entwickeln, bewahren wir an unserem Hauptsitz in Wettenberg. Gleichzeitig gilt es, unsere anderen Standorte international noch besser zu nutzen, Allianzen mit innovativen Partnern auf- und auszubauen, um die Expertise aus relevanten Spezialbereichen einzubeziehen. Man denke nur an die Themen KI und Maschinenvernetzung, an die Integration von Lasertechnologien oder andere hochtechnologische, disruptive Bearbeitungsverfahren für optisch relevante Materialien der Zukunft. Entscheidend ist hier, uns die Innovationsgeschwindigkeit eines mittelständischen Unternehmens zu erhalten und gleichzeitig die Größe der Schunk Group für die Skalierung zu nutzen.
»Es ist uns über lange Zeit gelungen, dem Wettbewerb technologisch immer einen entscheidenden Schritt voraus zu sein. Und das wird auch künftig das Ziel bleiben.«
Dr. Stefan Seifried
W3+: Inwiefern profitiert OptoTech von solchen Allianzen oder Kooperationen innerhalb der Schunk Group?
Jens Schäfer: Die Schunk Group steht für höchste Ingenieurskompetenz im Bereich der Hightech-Werkstoffe Kohlenstoff, Keramik, Quarz und Sintermetall sowie im Maschinen- und Anlagenbau. Dass OptoTech mit seiner einzigartigen Kompetenz das Portfolio des Technologiekonzerns enorm bereichert, hat den Ausschlag gegeben, bei dem Wettenberger Unternehmen einzusteigen und es fünf Jahre später komplett zu übernehmen. Da gibt es eine Menge Synergiepotenziale, Technologien zu kombinieren und zu integrieren.
W3+: War das auch für Sie die ideale Konstellation, um Ihre Unternehmensnachfolge zu regeln?
Roland Mandler: Auf jeden Fall. Das war keine Blitzentscheidung, sondern wohl durchdacht und auch ein bisschen historisch begründet. Ich lebe in Heuchelheim, wo mein Vater bereits bei Schunk gearbeitet hat. Schunk war mir immer ein Begriff, aber was da eigentlich gemacht wurde, war mir lange nicht klar. Erst als der Gedanke in mir reifte, wie es in absehbarer Zeit mit meiner Firma weitergehen könnte, habe ich mich intensiver mit der Schunk Gruppe befasst. Und ich habe schnell erkannt: Das könnte mein Wunschpartner sein. Dabei spielte die Aussicht, Prozesse, Produkte und Technologien zusammenzubringen, um innerhalb des Technologiekonzerns komplexe Systeme zu entwickeln, eine entscheidende Rolle.
Jens Schäfer: Die Synergieeffekte und Marktpotenziale, die sich dadurch für OptoTech eröffnen, betreffen ja nicht nur die kollaborative Entwicklung neuer Systeme, sondern auch die Kooperation im Gefüge der weltweiten Standorte der Schunk Group, um spezifische Lösungen für die jeweiligen Märkte zu fertigen. Das ist insbesondere bei Peripheriemodulen und -produkten interessant, die nicht die Kernkompetenz betreffen.
W3+: Der Hauptsitz Wettenberg bleibt für OptoTech trotzdem Dreh- und Angelpunkt?
Stefan Seifried: Auf jeden Fall. Wir haben eine außergewöhnlich hohe Dichte an Optikkompetenz in der Region. Davon profitieren wir als Arbeitgeber, aber auch als Hersteller, weil viele Kunden und Geschäftspartner hier zu Hause sind. Für uns ist es enorm wichtig, dass wir die hochtechnologische und anwendungsspezifische Entwicklung hier am Hauptsitz und in der Region pflegen und bewahren. Unsere Kernkompetenz und Expertise sind unser höchstes Gut. Aber wir müssen uns auch aktiv darum bemühen und viel investieren: auf dem Arbeitsmarkt genauso wie beim Fachkräftenachwuchs, beim Onboarding von Kollegen, bei der Effizienzsteigerung in der Organisation genauso wie bei der Netzwerkarbeit in der Region. Ich habe vorhin über die Schaffung von Allianzen und Partnerschaften gesprochen – und ich glaube, das ist auch für solche standortbezogenen Themen relevant. Denn letztlich betreffen diese Fragen ja nicht nur uns, sondern auch viele andere Unternehmen in der Region.
W3+: Sind das Fragen, die Sie im Ruhestand ebenfalls nicht in Ruhe lassen?
Roland Mandler: Kann man so sagen. Ich gestehe, dass mir das Loslassen durchaus nicht leicht fällt und mein ungeduldiger Kopf ständig weiterarbeitet, wenn es darum geht, Ideen für die nahe und ferne Zukunft auszuklügeln. Dazu gehören unternehmerische und technologische Fragen, aber natürlich auch die Themen, die Herr Seifried genannt hat. Ich bin nach wie vor im Industrienetzwerk Wetzlar Network aktiv und insbesondere auch an der THM im Bereich Ausbildung von Nachwuchskräften. Denn: Wenn uns die Zukunft unserer Industrieregion ein ehrliches Anliegen ist, dann müssen wir bei den jungen Menschen und deren Qualifikation ansetzen. Da sehe ich erheblichen Handlungsbedarf. Wir müssen es schaffen, qualifizierte Leute hier in der Region auszubilden und hier in den Unternehmen zu halten. Am besten durch gemeinsame Initiativen, schließlich ist das ein Thema, das alle angeht. Das neue Science Center EXPLORIKUS ist beispielsweise eine solche Initiative, die junge Menschen für die sogenannten MINT-Berufe begeistert.
W3+ Wenn ich es richtig verstanden habe, hat mit dem offiziellen Gründungsdatum am 25. September das Jubiläumsjahr für Sie gerade erst begonnen, oder?
Jens Schäfer: Das ist richtig. Wir wollen ein Jahr lang feiern! Das Jubiläumsjahr geht ja erst los. Wir haben viele Aktionen und Veranstaltungen in Planung – für die Mitarbeitenden, die Kunden und die Menschen in der Region.
OptoTech Optikmaschinen
1985 gründete Roland Mandler die OptoTech Optikmaschinen GmbH. Seither hat sich das Unternehmen als Vorreiter in Präzisionsoptik und Ophthalmik zu einem global führenden Anbieter für die optische Industrie entwickelt. OptoTech hat seinen Hauptsitz in Wettenberg und beschäftigt über 550 Mitarbeiter an 12 Standorten in sechs Ländern. Gestützt auf die Stärke und die langfristige Vision der Schunk Group bleibt das Unternehmen seiner Mission treu: die Zukunft der Optik mit Vision, Präzision und Leidenschaft zu gestalten.