Trägerraketen, Mikrochips und KI in der Fotografie
Spannende Vorträge von hochkarätigen Referenten aus der Wirtschaft und Wissenschaft bei den Industriegesprächen Mittelhessen im Sommersemester 2025.
Bei den Industriegesprächen Mittelhessen im Sommersemester 2025 waren die Themen vielfältig. Sie begannen mit dem Weg zu Europas erster privat entwickelter Trägerrakete, thematisierten aktuelle Herausforderungen bei der Entwicklung hochdynamischer und hochgenauer 3D-Positioniersysteme und führten über Innovationen in der Halbleiterindustrie bis zum Einsatz von KI in der Fotografie
Ariane 6 – Europas erste privat entwickelte Trägerrakete?
Am 21. Mai starteten die Industriegespräche Mittelhessen ins Sommersemester. Zu Gast: Dr. Jens Laßmann, Site Coordinator & Configuration Management, Ariane Group, Bremen. Er referierte über Europas Trägerraketenprogramme, die von Ariane 1 bis 5 sowie VEGA A bis E staatlich geführte Entwicklungsprogramme waren. Mit der Ariane 6 wurde zum ersten Mal in Europa die Entwicklungsverantwortung in die Hände der Industrie gelegt. Zehn Jahre nach dem Entschluss eine für zukünftige Marktanforderungen angepasste Trägerrakete zu entwickeln, fand letztes Jahr der erfolgreiche Erststart der Ariane 6 statt. Dr. Jens Laßmann erläuterte den Weg dahin und die Entwicklungsphilosophie dieser Europäischen Großträgerrakete.

Dr. Jens Laßmann, Site Coordinator & Configuration Management bei der Ariane Group in Bremen (2.v.r.), mit den Machern der Industriegespräche Mittelhessen.
Hochdynamische & hochgenaue 3D-Positionierung von Sensoren
Am 11. Juni folgte Dr. Rolf Slatter, Inhaber der ITK Precisioning GmbH in Lahnau. Sein Thema: Wie man mit einem mechatronischen Ansatz höchste Anforderungen bei Positioniersystemen in High-End Anwendungen erfüllen kann. Die Anforderungen an Prüf- und Messmaschinen für die Halbleiterindustrie und für die Werkstoffanalytik steigen kontinuierlich. Sowohl Produktivität als auch Präzision sollen stetig gesteigert werden, um dem wachsenden Bedarf an neuen Produkten mit kleineren Strukturabmessungen gerecht zu werden. Entscheidend ist dabei die hochdynamische und hochgenaue 3D-Positionierung von Sensoren. Slatter erklärte, wie durch einen mechatronischen Ansatz diese bisher teilweise im Widerspruch zueinanderstehenden Anforderungen erfüllt werden können. Das Zusammenspiel von neuen Werkstoffen für die Maschinenmechanik, optimierter Linearmotortechnologie, hochauflösenden magnetischen Messsystemen und schnellen Steuerungen ermöglicht Genauigkeiten im sub-Mikrometer-Bereich bei linearen Geschwindigkeiten von mehreren Hundert Meter/Minute. In seinem Vortrag zeigte Dr. Rolf Slatter an Praxisbeispielen auf, worauf es bei der Konzeption, Entwicklung und Integration der genannten Teiltechnologien ankommt. Zudem verriet er, worauf man bei der Eigenentwicklung oder Beschaffung von präzisen hochdynamischen Positioniersystemen achten sollte.

Dr. Rolf Slatter, Inhaber der ITK Precisioning GmbH in Lahnau (links), im Gespräch mit interessierten Zuhörern.
Globale Lieferketten und lokale Innovationen in der Halbleiterindustrie
Dr. Christian Lammers, Staff Engineer der Elmos Semiconductor Technology & Engineering GmbH in Dortmund, war am 2. Juli bei den Industriegesprächen Mittelhessen zu Gast. Er sprach über das, was wir kaum wahrnehmen, aber nahezu überall unser Leben bestimmt: Mikrochips. Dass Mikrochips entscheidend für die technologische Entwicklung im 21. Jahrhundert sind, ist vielen nicht erst seit der Chipkrise während der COVID-19-Pandemie klar gewesen. In Deutschland waren die Auswirkungen hiervon vor allem in der Automobilindustrie spürbar. Denn: Globale Lieferketten und internationale Kooperationen sind in dieser Branche Alltag. Vor diesem Hintergrund bit der Vortrag einen kompakten Überblick über die Entstehung moderner Halbleiterchips und deren Bedeutung für die Automobilindustrie. Darüber hinaus, so Lammers, sei eine innovationsfördernde Unternehmenskultur in der Halbleiterindustrie unabdingbar, um Wettbewerbern immer einen Schritt voraus zu sein, schützenwerte Technologien hervorzubringen und nach und nach ein umfangreiches Patentportfolio aufzubauen. Mögliche Wege zu solchen Innovationen zeigte Dr. Christian Lammers anhand von konkreten Beispielen auf.

Dr. Arne Wagner, Head of Imaging Technology & Innovation bei der Leica Camera AG in Wetzlar (links), mit Prof. Peter J. Klar, Direktor des I. Physikalischen Instituts an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
From Code to Capture – KI in der modernen Fotografie
Zum Abschluss des Sommersemesters ging es um zwei Buchstaben, die gerade auf dem Weg sind, die Welt zu verändern: KI. Was genau der innovative Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der modernen Bildgebung bewirkt und welche Möglichkeiten sich dadurch eröffnen, erläuterte Dr. Arne Wagner, Head of Imaging Technology & Innovation bei der Leica Camera AG in seinem Vortrag. Leica, so Wagner, setze KI gezielt ein, um die Bildqualität zu optimieren, ohne dabei die Authentizität zu verlieren. In seinem Vortrag verglich Dr. Arne Wagner klassische Algorithmen mit modernen KI-Verfahren und zeigte anhand konkreter Anwendungen wie der Rauschunterdrückung, welches Potenzial in KI-gestützter Kameratechnologie steckt. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Spannungsfeld zwischen technischer Optimierung und wahrer Bildtreue. So setzt Leica mit Initiativen wie den „Content Credentials“ neue Maßstäbe für die Vertrauenswürdigkeit digitaler Fotografien.
Alle Vorträge fanden im Hörsaal III der Physikalischen Institute an der Justus-Liebig-Universität Gießen statt und konnten auch online verfolgt werden.
Die Veranstaltungen der Industriegespräche Mittelhessen im kommenden Semester werden wie gewohnt auf unserer Website angekündigt.
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